Du bist ein tierlieber Mensch.
Du bist gegen Massentierhaltung und möchtest, dass Tiere glücklich sind. Denn so, wie wir aktuell mit Tieren umgehen, gefällt es dir nicht. Du findest es wichtig, dass wir unseren Fleischkonsum reduzieren und versuchen, bewusster Fleisch zu essen. Im besten Fall nur von der Biometzgerin, bei der man weiß, wo es herkommt. Du möchtest nicht, dass Tiere leiden und verstehst nicht, wie anderen Menschen das egal sein kann und sie nur zum billigsten Fleisch greifen. Ganz zu verzichten hältst du aber für übertrieben. Und ein veganer Lebensstil ist zu teuer. Pflanzen würden nun einmal mehr kosten, als „das gute Fleisch“ und das kannst du dir gerade sowieso nicht leisten. Woher Metzgereien ihr Fleisch beziehen, weißt du eigentlich gar nicht so genau. Aber es sind kleine Läden, also kann das ja bestimmt nicht aus leidvollen Tierhaltungen kommen. Das Bein, von dem du ein Stück abbeißt, soll von einem glücklichen Tier abgetrennt worden sein. Und die Wurst in der Mensa ist familienfreundlich, weil so viele Individuen in einer Wurst landen, dass vielleicht ein Papa-Schwein und ein Mama-Schwein mit ihrem Kind in derselben Wurst landen.
Was zeichnet eigentlich das Glück eines Individuums aus, das seinen Tod und sein Verspeisen rechtfertigt? Das kannst du natürlich nicht konkret definieren, denn wer will schon vorschreiben, wann sie glücklich sind. Und wir wollen Tiere natürlich auch nicht vermenschlichen. Ein Tier sei also bestimmt glücklich, wenn es ein bisschen mehr Platz und ein bisschen mehr Spielzeug hat. Wie viel Platz Tiere in konventioneller Haltung haben und wie viel sie mit Bio- oder Tierwohllabel haben, weißt du allerdings nicht genau. Aber du bist ja nicht naiv und weißt, dass sich Dinge nicht von heute auf morgen ändern können. Du findest es also wichtig, einfach die richtige Richtung zu unterstützen. Kleine Schritte sind auch immer gute Schritte. Und wenn etwas „Tierwohllabel“ heißt, dann wird das sicher die richtige Richtung sein.
Und wenn der Bolzen durch die Schädeldecke in das glückliche Gehirn schießt, freust du dich, etwas Gutes unterstützt zu haben. Wenn du nicht zuhause isst, möchtest du allerdings nicht militant auf ein Mindestmaß an Glück bestehen, da du Menschen nicht auf die Nerven gehen willst. Das wäre ja auch am Ende nicht gut für die Tiere. Du bist der Überzeugung, es reicht, ab und an mal ein Biofleisch-Rezept weiterzugeben, denn Menschen müssen selbst darauf kommen, dass das Interesse an Leben ignoriert werden kann, wenn jemand glücklich ist.
Natürlich nur bei nicht-menschlichen Individuen, denn die sind nicht so schlau. Du stehst zu deinen Handlungen und wenn jemand fragt, dann empörst du dich auch gern über unbedachtes Konsumieren von Billigfleisch. Deine Forderung nach Reduzierung bezieht sich nur auf das Essen von ganzen oder pürierten Körperteilen von Tieren. Milch, Eier, Käse blendest du aus, weil das viel zu kompliziert wäre und du niemanden abschrecken möchtest, indem du die Reduzierung von allen Tierprodukten forderst. Du gehst davon aus, dass die Kühe in der Milchproduktion sowieso glücklich sind, denn wieso sollten sie sonst ihre Milch verschenken? Sie sind so glücklich, dass sie sogar ihr Kalb verschenken, das sie jährlich bekommen, um weiter die Milch zu produzieren. Und die Hühner, die Eier legen, die legen ja sowieso Eier, wir sammeln nur auf, was die Natur uns schenkt.
Du glaubst nicht daran, dass es einen Unterschied macht, auf Eier und Milch zu verzichten. Und du kannst natürlich nicht bei jedem Rosinenbrötchen nachfragen, ob die Milch darin und die Butter von glücklichen Tieren stammt. Und wer über das bisschen Magermilchpulver in dem Kräutersalatdressing nachdenkt, ist in deinen Augen extremistisch. Du bist davon überzeugt, dass der Kuchen ohne Ei nicht hält und eine Pizza ohne Käse keine Pizza ist.
Verzichten möchtest du auf keinen Fall und reduzieren kann man da ja auch nicht. Du bedauerst, dass du allein nicht die ganze Welt retten kannst. Du bist zufrieden, dass du an anderen Stellen schon zur Verbesserung der Welt beiträgst und dass du das Aufschneiden der Kehle nur bei glücklichen nicht-menschlichen Individuen bezahlst.
Du solidarisierst dich mit jenen, die einen gewöhnlichen Fleischkonsum haben, weil alle selbst entscheiden müssen, wie sie leben wollen – außer der Tiere – und distanzierst dich von den viel zu radikalen Tierrechtsaktivist*innen. Gern erklärst du Veganer*innen, wie sie effizienter zum Wohl der ausgebeuteten Tiere beitragen können, indem sie sympathischer auftreten.
Danke, dass du dich regelmäßig hinterfragst.