Mich nerven diese Lippenbekenntnisse.
Alle sagen mir, ihnen sei „Tierwohl“ wichtig und sie fänden Massentierhaltung ganz schlimm.
Wieso erzählt ihr mir so einen Quatsch?
Meine Pflicht ist es dann, Anerkennung zu zeigen? Soll ich stolz sein, dass ihr mir etwas gesagt habt, was absolut nichts mit eurem Verhalten zu tun hat?
Du weißt doch ganz genau, dass du nie über die Individuen, die für dein Essen leiden und sterben mussten nachdenkst. Für dich ist es doch nur „Hähnchen“ statt eines Huhns, oder „Fisch“ statt „Fische“. Für dich reicht es doch, wenn du im Discounter zum Biosiegel, oder „Tierwohllabel“ greifst.
Dabei ist es doch an sich schon widerlich, dass an einem Regal, in dem sich endlos Körperteile von ermordeten Tieren befinden „Tierwohl“ steht.
Ohne eure verzerrte Sicht dieser Gesellschaft müsstet ihr euch doch übergeben bei dem Anblick. Und ich soll jetzt glauben, dass zufällig jede Person mit der ich rede, sich gegen Tierleid positioniert? Ich kann dir nicht erlauben oder verbieten, Teil des Tierausbeutungssystems zu sein, deshalb brauchst du nicht auf meine Zustimmung zu warten. Du brauchst nicht zu hoffen, dass ich dir auf die Schulter klopfe, oder dir sage „Ja, Hauptsache, man denkt ab und an mal darüber nach, wenn man einem veganen Menschen gegenüber steht.“ Oder „Hauptsache, man formuliert ab und zu ein Lippenbekenntnis und ändert dann absolut gar nichts an seinem Verhalten.“
Ich könnte sagen „Gratulation! Du hast verstanden, was Greenwashing ist.“
Mich nerven diese unspezifischen Aussagen, die eigentlich gar nichts Aussagen. Einige behaupten von sich, sie äßen nur wenig Fleisch, andere behaupten, es sich vorzunehmen: „Wir sollten weniger Fleisch essen.“
Was soll denn das heißen? „Weniger Fleisch“? Wie viel ist denn „weniger“? Wie viel ist denn „normal“? Wie viel Mord und Gewalt findest du denn vertretbar?
Ihr sagt doch auch keiner Person, die sich aktiv für Menschenrechte einsetzt, dass ihr weniger Menschen töten und misshandeln wollt. Ganz darauf verzichten könne man ja nicht. Und wenn ich rausgehe und dem Vergnügen nachgehe, andere Leute zu verprügeln, dann achte ich darauf, dass diese Leute gut gelebt haben. Das macht es dann selbstverständlich viel vertretbarer. Man verleihe mir einen Orden.
Wenn euch das Wohlergehen von Tieren wichtig ist, dann hat das nichts mit der Anzahl der Tiere zu tun, sondern ihr findet es entweder okay, einer konkreten Mutterkuh ihr Kalb zu nehmen, oder einem konkreten Schwein die Kehle aufzuschneiden oder aber euch ist es egal. Da helfen diese Lippenbekenntnisse nicht weiter. Und das subtil schlechte Gewissen, das einmal im Quartal auftritt, wenn ihr mit einer Person, die keine Tierprodukte isst, am selben Tisch sitzen müsst, bringt euch und erst recht die Qualen leidenden Tiere nicht weiter.
Erzählt doch anderen die Geschichten darüber, wie wichtig euch Tiere seien und wie sehr ihr euch über sogenannte „Massentierhaltung“ empört, oder wie manisch die Tiere gewesen sein sollen, die für euch sterben und wie selten ihr sie umbringen lasst. Ihr könntet sie euch gegenseitig erzählen und euch gegenseitig auf die Schulter klopfen. Oder ihr erzählt sie der Kuh, von der ihr die Milch in eurer Butter für euer Frühstücksbrötchen geklaut habt. Leider lebt sie vermutlich nicht mehr und ihr Kalb könnt ihr auch nicht mehr fragen. Oder ihr erzählt das Ganze der Fleischtheke im Supermarkt, bei der ihr so genau wisst, wo das Fleisch herkommt.
Aber wisst ihr, was ich am coolsten fände? Wenn ihr ehrlich zu mir und vor allem zu euch selbst wärt und euch bewusst macht, dass ihr an einem System partizipiert, das ihr ablehnen würdet, wenn ihr die Informationen darüber an euch heranlassen und den Speziesismus dieser Gesellschaft ablegen würdet.
Wenn ihr die Absurdität des Glaubenssatzes, dass Schweine eingesperrt und getötet gehören, während Hunde gestreichelt werden, erkennt und ihn ablegt. Dann braucht ihr keine Lippenbekenntnisse und Verdrängungen mehr, um euer Gewissen zu schützen, sondern ihr könnt Tierprodukte von eurem Speiseplan streichen und ein großes Stück mehr nach euren eigenen Werten leben.
Ändert etwas! Ändert es konsequent, denn die Normalität ist extrem. Ihr werdet es nicht bereuen.