Nur mal ein Gedankenexperiment – entschuldigt die Parenthesen.
Sehr oft bekomme ich Kritik zu hören, die der Aussage „jede*r so, wie er*sie will“ zumindest inhaltlich ähnelt.
Man möchte mir – oder der offensiven veganen Position allgemein – vorwerfen, es sei falsch, andere Menschen durch Aufklärungsarbeit oder Diskussionen von der eigenen Position zu überzeugen.
Unter den Kritiker*innen sind sowohl Steak-Genießer*innen, die nicht wollen, dass man ihr Gewissen aufweckt, als auch Vegetarier*innen/Veganer*innen, die versuchen, in einem fleischliebenden Freundeskreis akzeptiert zu werden – absolut nachvollziehbar, wenn die Position gesundheitlich oder ökologisch motiviert ist.
Abgesehen davon, dass ich mich – und wahrscheinlich geht es vielen anderen ähnlich – oft in einer defensiven Haltung befinde, weil – man mag es kaum glauben – ich nicht unbedingt jeden Tag, bei jeder Mahlzeit und rund um die Uhr darüber diskutieren möchte, warum ich der Meinung bin, dass es falsch ist, Tiere auszubeuten.
Natürlich juckt auch manchmal die Zunge – nicht wegen der grauenhaften Pflanzennahrung. Aber letztendlich kommt das Thema öfter zu einem, als dass man selbst darauf zugeht – zumindest zu mir, entschuldigt die ggf. ungerechtfertigte Verallgemeinerung.
Verallgemeinere man also nun einmal die Kritik und entferne sich ausnahmsweise von der veganen Thematik.
Das Klischeebild, das hier angegriffen wird, ist genau so simpel wie negativ angehaucht: Eine Figur mit erhobenem Zeigefinger.
Aber warum mögen wir dieses Bild nicht? Die Frage dürfen gern die Psycholog*innen/Pädagog*innen unter uns beantworten. Ich möchte lediglich wieder eine Analogie aufstellen, die den Sachverhalt verdeutlicht.
Es folgt also ein Gedankenexperiment für die „jede*r-wie-er*sie-will“-Relativist*innen, die eventuell wirklich daran interessiert sind, nachvollziehen zu können, wieso die ganzen „Gutmenschen“ ihr Umfeld ständig belästigen:
Person U ist dabei, Person V in ihrer körperlichen Unversehrtheit einzuschränken. Person W bemerkt das. Du seist Person W. Was tust du?
A) Ich tu’ so, als hätte ich nichts bemerkt, und gehe weiter.
B) Ich rufe: „Hey cool, ich mache so was zwar nicht, aber jede*r so, wie er*sie will!“, und gebe Person U ein High-Five.
C) Ich werde mir bewusst, dass ich selbst nicht perfekt bin, und mische mich deshalb nicht ein.
D) Ich bitte Person U: „Halt! Du fügst einer anderen Person Leid zu! Bitte denke noch einmal darüber nach und unterlasse das!“, und versuche, Person V in Schutz zu nehmen
Einige würden sich vielleicht sogar für Antwort „D“ entscheiden.
Was wäre nun, wenn man in einer Gesellschaft, in der die Beispielsituation zum gängigen Alltag gehört, Folgendes vorgeworfen bekommt und zwar auch noch von jenen, die Vorgefallenes selbst nicht wirklich in Ordnung finden?
Du beschränkst andere Menschen in ihren Freiräumen und versuchst, allen deine Meinung aufzuzwingen!
Man kann es kritisieren, wenn ein*e Vegetarier*in einer anderen Person das Wurstbrot aus der Hand schlägt oder den Herd zerstört, damit kein Schnitzel mehr gebraten werden kann.
Aber es ist gut und richtig, dass jede*r, der*die für ethische Ideale einsteht – ob nun durch die Gesetzgebung unterstützt oder nicht – diese auch vertritt, indem er*sie versucht, Aufklärung zu betreiben und wachzurütteln.
Einigen wird man immer auf die Füße treten, andere regt man vielleicht zum Nachdenken an.