Manchmal bin ich sozial erschöpft.

Ständig wiederholt sich alles, ständig treffe ich auf Unverständnis. Ständig nerve ich – mit Dingen, die ich sage, mit Dingen, die ich poste, mit meiner Existenz.

Ich habe mich stets bemüht, mein inneres Feuer nicht ausbrennen zu lassen. Den Diskussions- und Tatendrang durch den Gerechtigkeitssinn antreiben zu lassen. Es ist unbeschreiblich wichtig und unbeschreiblich groß. Es ist so unfassbar grausam und so unfassbar leidvoll, dass ich Angst davor habe, dass mich mein unbedeutender Alltag zu sehr davon ablenkt.

Ich weiß, dass er trotz der Größe des Grauens die Möglichkeit hat, mich abzulenken. Das Grauen auszublenden. Wir helfen dabei alle mit. Ich selbst, weil es anstrengend ist, immer den Umständen entsprechend angemessen zu reagieren und zu handeln und sogar zu fühlen. Die Industrie, die ein Interesse daran hat, dass niemand sich daran stört. Und sogar andere tierfreundlich lebende Menschen, die sich vermutlich aufgrund der sozialen Kompatibilität und Akzeptanz gegen das innere Feuer aussprechen. Aber wer kann es ihnen verübeln?

Wenn man ein Grauen in dem sieht, was für andere ihre Normalität und Identität darstellt, dann wird man damit nicht auf Freude oder gar Verständnis stoßen. Es ist ein langer, anstrengender Weg, um die Problematik aufzuzeigen und aus der Norm zu holen. Auf diesem Weg empfinden wir Wut, Trauer, Enttäuschung und Resignation. Aber in einigen Fällen geht es dahinter weiter. Ab und zu habe ich genug Kraft und Glück durchzuhalten und zu sehen, was sich hinter den negativen Emotionen des Gegenübers verbirgt. Hinter verschiedensten Formen der Genervtheit und Ausreden steht oft die plötzliche Erkenntnis. Und darauf folgend eine Dankbarkeit. Eine Dankbarkeit an uns „militante“ Wesen, die anderen ihren Lebensstil aufzwingen wollen. Die Dankbarkeit, nicht aufgegeben zu haben. Verbunden mit der Reue, sich so lange dagegen gewehrt zu haben.

Das ist das, was mir die Kraft gibt, über das negative Feedback hinwegzuschauen. Und den Mythos der Effizienz, der zurückhaltenden und somit „netten“ Veganer*innen, die einem ab und zu Muffins backen, als solchen zu erkennen. Es ist der Fluchtweg des Gegenübers aus den unangenehmen Gefühlen der Konfrontation. Und während viele Veganer*innen diese Ansicht annehmen, glaube ich stets an den Erkenntnisgewinn hinter den negativen Emotionen.

Ich möchte nicht dafür verantwortlich sein, meinem Gegenüber ein gutes Gefühl zu geben, obwohl es um milliardenfaches Leid und die Verantwortung dafür geht. Ich bin nicht dafür verantwortlich, ob du lecker bekocht wirst, neue Lebensmittel kennenlernst, oder gesünder wirst. Ich muss und möchte dir zutrauen, dass du selbst die Verantwortung dafür übernimmst.

Meinen Teil trage ich dazu bei, indem ich auf das Aufmerksam mache, was schief läuft. In dem Wissen, dass du es nicht sofort so sehen wirst. Und ich wünsche mir stets die Energie, mich durch den Gegenwind zu kämpfen, bis du bereit bist, Eingeständnisse zu machen. Du wirst dich danach wirklich freuen, eine andere Perspektive auf die Dinge erlangt zu haben. Aber bis dahin wirst du genervt sein. Du wirst alle mentalen Tricks anwenden, die dein Gehirn liefern kann, um meine Worte nicht an dein Gewissen zu lassen. Um mir nicht zuhören zu müssen. Um dich im recht zu fühlen. Um nichts ändern zu müssen. Um dein positives Selbstbild zu behalten.

Und ich brauche mein inneres Feuer, um trotzdem nicht aufzugeben.

Ich weiß nicht, wie viele Menschen ich auf diesem Weg verloren habe. Wie viele Menschen in diesen negativen Emotionen stehen und sich stillschweigend abgewendet haben. Ich kann auch das nicht verübeln. So sind wir Menschen nun mal. Und das Thema ist nun mal unangenehm. Aber welche Art von negativen Emotionen auch immer in mir aufkommen, oder durch meine Worte oder Posts in anderen, es wird nichts sein im Vergleich zu dem milliardenfachen Leid, gegen das ich mich aussprechen möchte.

Ich möchte mein inneres Feuer nicht verlieren. Ich möchte das Gefühl für das Ausmaß des Grauens nicht verlieren.

Aber ich merke, wie eine traurige Art der Gleichgültigkeit die Glut zu ersticken versucht.
Ich merke, wie die Normalität mich zurückgewinnt.