Ich weiß, dass du es genau so sehen würdest wie ich.

Wenn du ehrlich zu dir wärst.

Ich weiß, dass du für eine Position argumentierst, die du dir nie aktiv ausgesucht hast. Du verteidigst sie nicht, weil du sie als richtig erkannt hast, sondern weil du eben zufällig dort stehst. Wir verteidigen unser Verhalten und nicht unsere Ansicht. Und das merken wir selbst nicht.

Natürlich klingen diese Worte besserwisserisch, sie klingen angreifend und eingebildet. Aber ich möchte sie einmal ehrlich aussprechen.
Es ist nicht abwertend gemeint, es ist vielmehr eine Erkenntnis, derer wir alle zum Opfer fallen. Und ich weiß, dass du mir das nicht glaubst und du kannst es mir auch nicht glauben. Das liegt in der Natur der Sache. Ich wünschte jedoch, es gäbe eine Möglichkeit, diese Aussage glaubhaft zu vermitteln, denn ich bin überzeugt, dass sie stimmt.

Du verteidigst eine Position, die nicht deiner inneren Überzeugung entspricht. Das ist anstrengend und unangenehm. Und das ist der Grund, warum ich eine so nervende Wirkung habe. Die Erkenntnis, dass die Argumente, die du spontan hervorbringst, nicht die Gründe sind, warum du handelst, wie du handelst, ist erst möglich, wenn man sich bereits von der Handlung verabschiedet hat. Daher kommt diese riesige Kluft zwischen den Parteien und dieses Gefühl des „Aufwachens“. Auch wenn das beinahe esoterisch klingt, beschreibt es ganz gut, was passiert.

Es wird einen Moment des Eingeständnisses geben.
Sofern man nicht ewig die Ehrlichkeit zu sich selbst verwehrt.
Und dieses Eingeständnis wird von wahrer Größe zeugen.

Wir wissen alle, wie schwierig es ist, Irrtümer einzugestehen, insbesondere, wenn wir sie zuvor vehement verteidigt haben. Aber wir sollten auch alle wissen, dass das der wahre Gewinn ist. Jene, die in der Lage sind innezuhalten, zu reflektieren und ihre Meinungen und ihr Verhalten an ihre neuen Erkenntnisse anzupassen, sind die wahren Geisteskünstler.

Und das ist für uns alle schwierig. Für alle, bei allen möglichen Themen.

Das, was du gegen die Tierrechtsbewegung oder das vegane Leben sagst, ist immer eine Rechtfertigung von Gewalt.
So bist du nicht.
Du willst eigentlich keine Gewalt, du hast Empathie gegenüber Tieren. Aber du möchtest auch ungern etwas ändern,
oder „zu diesen komischen Leuten“ gehören.

Die Frage ist: Welche Seite wird in dir gewinnen?
Du lässt doch kein Tier einsperren und Töten, weil du dir wirklich sorgen um dein Eiweiß machst, oder weil der Löwe dein moralisches Vorbild ist.
Wenn ich mit dir über dieses Thema philosophiere, dann zwinge ich dir nichts auf.
Ich versuche dich nur zu motivieren, deiner eigenen Einstellung entsprechend zu handeln.
Denn die richtige Einstellung hast du schon.
Du handelst nur nicht danach.

Verteidige also nicht reflexartig dein Handeln, sondern handle entsprechend deiner Werte.
Ich wünschte, du könntest mir glauben, dass das das Richtige für dich wäre.
Aber das wirst du erst Rückblickend sagen können.
Und dann wirst du dich ärgern, dass du den Schritt nicht eher schon gegangen bist.

Denn das ist die einzige Reue, die bei jenen bleibt, die sich zum tierleidfreien Konsum entschieden haben.
Egal, wie abgeneigt sie zuvor gewesen sein mögen.