Ich sitze vor dem Esstisch. Meine Hände tasten sich zitternd zum Besteck.
„Ganz ruhig!“, versuche ich mir zu sagen. „Es ist das Richtige.“

Lange schon hatte ich diesen Geruch nicht mehr in der Nase.
Zögernd betrachte ich mein Essen. Gleich würde ich es Richtung Magen befördern.
Gewohnheiten zu ändern ist so unglaublich schwer. Viel zu lange hatten sich meine Essgewohnheiten in meinen Kopf gebrannt. Auch mein Verdauungssystem wird sich nicht freuen.

Ich erinnere mich immer wieder daran, dass es mir wichtig ist, das zu tun, was ich für richtig halte.
Eine leichte Angst macht sich breit. Angst davor, dass ich mit der Zeit vergessen haben könnte, worum es geht.
Sind meine Essgewohnheiten zu einem Dogma geworden?

Ich setze das Besteck an, steche die Gabel hinein in das leblose Körperteil, und beginne mit dem Schneiden.
Ich versuche mit all meiner Kraft auszublenden, was genau ich im Begriff bin zu essen.
Mein Kumpel hatte mir erklärt, wie er das so problemlos schafft. Man dürfe einfach nicht darüber nachdenken und müsse sich daran erinnern, dass es normal sei.

Durch das Gespräch mit ihm ist mir vieles klar geworden. Ich hatte oft mit ihm diskutiert, aber das letzte Mal sagte er etwas, das mich wirklich zum Nachdenken brachte. Ein Umstand, den ich völlig übersehen hatte. „Menschen haben schon immer Fleisch gegessen“, hat er gesagt.
Ich war kurz sprachlos, wollte mich verteidigen, erkannte aber, dass er recht hatte.

Nie wollte ich mich zu jenen zählen müssen, die in Diskussionen nicht in der Lage sind, dem Gegenüber Recht zu geben, oder sich Fehler einzugestehen. Also schwieg ich zunächst und dachte angestrengt nach.
Vergebens. Es war, als würde eine Welt zusammenbrechen. Er hatte recht, und ich hatte das nie bedacht. Wie konnte ich so etwas Offensichtliches all die Zeit übersehen?

Ich betrachte das auf der Gabel aufgespießte Stück eines Tieres.
Mir bleibt nichts anderes übrig. „Menschen haben schon immer Fleisch gegessen“ wiederhole ich in meinem Kopf, während ich krampfhaft versuche, an das schöne Bild auf der Packung zu denken.

Ich bin ihm dankbar, dass er nicht müde wurde, mit mir zu diskutieren, und mir letztendlich doch das Richtige aufgezeigt hat. Und ich beneide alle, die es so problemlos hinbekommen, ethisch korrekt zu essen.

Die Umgewöhnungsphase ist am härtesten, hatte er mir erklärt. Bald würde ich wieder problemlos Fleisch essen können. Das ist der Strohhalm, an den ich mich klammere. Dann wird es sich gut anfühlen, das Richtige zu tun, ohne ständig an die Opfer denken zu müssen.

Und der Bissen verschwindet in meinem Mund.