Wie wäre es, wenn wir es dieses eine Mal ganz kurz machen?

Wir könnten uns dadurch so viel Stress ersparen. Letztendlich ist es doch sowieso vorhersehbar. Du wirst mir erzählen, dass du vegan nicht könntest, weil du auf diese eine Sache nicht verzichten kannst oder willst. Sei es das Fleisch allgemein, weil Seitanwürstchen nicht wie Tiere schmecken. oder aber die Butter, weil Margarine nicht wie Butter schmeckt, oder die Milch im Kaffee, weil Soja-, Reis-, Hafer- oder Mandelmilch nicht wie Kuhmilch schmeckt. Vielleicht ist es auch der ganz bestimmte Käse auf der Pizza. Es wird definitiv diesen einen Grund geben und vegan ist dir pauschal sowieso zu extrem.

Dann erzähle ich dir etwas über Gewohnheiten und dass man sie ändern kann und darüber, dass Veganismus natürlich nur „extrem“ wirkt, weil es ein extremer Unterschied ist, 2 Millionen Tiere jeden Tag in Deutschland zu schlachten, statt keine.

Du wirst dir gar nicht die Zeit lassen, diese Einwände als „richtig“ anzuerkennen und damit deine Bedenken fallen zu lassen, du wirst stattdessen anmerken, dass der Löwe auch Fleisch isst, dass wir immer Fleisch gegessen haben oder dass du die ein oder andere Person kennst, die vegan war und krank geworden ist. Ich werde entgegnen, dass der Löwe kein moralisches Vorbild ist, dass etwas nicht richtig ist, nur weil es „immer“ getan wurde und dass ich ganz zufällig auch ein paar fleischessende Menschen kenne, die mal eine Erkältung hatten. Ich werde zu faul sein, diese Antworten ausreichend auszuschmücken, weil ich sie schon hunderte Male gegeben habe und letztendlich doch nie entscheidend war, dass ich mir Mühe beim Widerlegen gab.

Du wirst meinen subtilen Frust als Überheblichkeit wahrnehmen. Und dir wird völlig egal sein, was ich entgegnet habe und ob ich damit diese Rechtfertigungsversuche widerlegt habe. Denn du wirst weitere Gründe finden, warum es richtig sei, Tiere zu töten und vorher natürlich einzusperren.Vielleicht erzählst du mir auch trotzig von leidenden Pflanzen, ohne es selbst wirklich ernst zu meinen. Oder davon, dass der Euter von Kühen platzt, wenn wir die Milch nicht trinken, obwohl das sicher nicht der Grund wäre, weshalb du dir Kuhmilch zu den Haferflocken schüttest.

Ich schaffe es nicht mehr so gut, verständnisvoll zu bleiben und diese Aussagen ernst zu nehmen. Du bist genervt von meiner „Militanz“. Und wir spüren diese Spannung zwischen uns. Du wirst versuchen, die Harmonie wiederherzustellen und das Thema zu beenden, indem du sagst, man müsse für sich selbst entscheiden, was richtig sei. Und ich, so sehr ich auch wünschte, man könne diese Thematik so einfach harmonisieren, überlege wirklich, diese Aussage stehen zu lassen. Aber meistens kann ich nicht. Dann überwiegt mein Gerechtigkeitssinn und die Bilder in meinem Kopf von den ermordeten Tieren zwingen mich, darauf hinzuweisen, dass es bei einer moralischen Forderung keineswegs um persönliche Geschmacksfragen geht. Ebenso, wie es nicht bloß eine persönliche Entscheidung ist, einen Menschen zu töten. Dann wirst du mir sagen, dass Tiere keine Menschen seien. Ich werde fragen, welcher Unterschied das Lebensrecht und das Recht auf Leidfreiheit ausmacht, dass du menschlichen Tieren zusprichst. Du wirst auf einen Unterschied beharren, wie die Intelligenz oder einfach die Spezieszugehörigkeit. Ich werde dich speziesistisch nennen und erklären, dass das dieselbe Diskriminierungsstruktur hat, wie beispielsweise Rassismus oder Sexismus. Du wirst dich empören, weil du denkst, ich hätte dich gerade mit Nazis verglichen. Und irgendwann, wenn wir keine Zeit oder keine Kraft mehr haben, die Debatte fortzuführen, werden wir unzufrieden nach Hause gehen.

Mit etwas Glück wirst du mir zumindest gestanden haben, dass du „Massentierhaltung“ auch blöd findest. Und ein paar Tage, Wochen, Monate oder gar Jahre später, wirst du dir eingestanden haben, dass du das, was wir mit Tieren tun, eigentlich nicht vertreten kannst. Dass du es blöd findest, dass wir Tiere auf engstem Raum einsperren – und zwar auch bei „Bio“ – und dir die Küken, die zerschreddert oder vergast werden leidtun. Dass dir das Kalb, das in der Milchindustrie nach der Geburt von der Mutter entrissen wird, leid tut. Und dass das Mitgefühl, das du Hunden und/oder Katzen entgegenbringst, genauso gut auch zu Schweinen, Kühen und Hühnern passt. Du hattest sie bisher leider nur als anonymisierte Ware wahrgenommen und nicht als einzelne Individuen mit Persönlichkeiten.

Nachdem du dich dann zu einem veganen Lebensstil überwunden hast, wirst du dir extrem erleichtert vorkommen und du wirst auf einmal merken, dass du plötzlich einfach nur so handelst, wie du es zuvor schon richtig gefunden hättest. Und dann sehen wir uns wieder. Und dann können wir über unsere Diskussion lachen, die uns fast die Freund*innenschaft gekostet hätte. Du bedankst dich bei mir für meine Geduld und dir wird etwas unangenehm sein, dass du dein Verhalten mit dem Löwen gerechtfertigt hattest. Aber letztendlich fragst du dich nur, warum du diesen Schritt nicht einfach eher gegangen bist.

Das nächste Mal, wirst du meine Rolle in einer Diskussion einnehmen und du wirst plötzlich dieselben Argumente, die du verwendet hattest, nicht mehr nachvollziehen können. Und du würdest dir wünschen, dass dir die Person glauben würde, wenn du ihr prophezeist, wie es ausgehen wird.

Lass es uns doch dieses eine Mal abkürzen, um uns Kraft zu sparen und millionen Tierleben damit noch eher zu retten.
Werde einfach direkt vegan!