Vegane Ernährung ist nicht artgerecht.

Die Natur habe den Menschen als Allesfresser “erschaffen”. Weil B12 supplementiert werden müsse, oder, weil wir Eckzähne haben.

Ist es nicht zynisch auf welch hohem Niveau sich plötzlich das Verständnis von “artgerecht” befindet, wenn es um Menschen geht? Demnach haben wir ja endlich den Beweis, dass die Tierindustrie, sofern sie denn B12 über das Futter ergänzt, gar nicht artgerecht sein kann. Aber das ist dann bei der Schüssel Müsli mit Kuhmilch zum Frühstück plötzlich egal. Ich mag mich irren, aber das sieht doch stark aus, als wäre auch das nur eine weitere Ausrede, um nichts ändern zu müssen, oder das positive Selbstbild vor der Anwesenheit vegan lebender Menschen zu schützen.

Ich bin stark für die Einführung von Philosophie als Pflichtfach in der Schule, denn dann wäre vielleicht bekannt, was ein naturalistischer Fehlschluss ist. Und ich müsste weniger oft hören und lesen, dass die Evolution sich irgendetwas überlegt habe, an das wir uns unbedingt halten müssten. Interessanterweise scheint es aber stets stark selektiv zu sein, was genau nun nicht artgerecht für Menschen sei. Entweder gibt es ein Muster, das ich noch nicht durchschaut habe, oder man könnte meinen, es würde sich immer das herausgesucht, was gerade zur eigenen Laune passt.

B12 Tabletten sind demnach nicht artgerecht. Ebenso wie der Fleischverzicht des Menschen. Tiefgekühlte Fertiglasagne aus dem Laden aber schon – außer es wurde Pferdefleisch hineingemischt. Oder Autos, Schuhe oder Medizin. Die Liste ist beliebig lang. Wozu überhaupt noch auf diese Art der Argumente eingehen? Es sind doch stets nur Ablenkungen. Und es ist meist ein nicht zu gewinnender Kampf, denn selbst wenn man es schafft, die Argumentationsfehler aufzuzeigen und selbst wenn die andere Person auch offen genug ist, diese anzuerkennen. Dann ist einfach das nächste Scheinargument dran.

Nachdem ich erklärt habe, wieso ein B12 Supplement kein Hindernis einer ethisch korrekteren Lebensweise ist, darf ich erläutern, dass Löwen keine moralischen Vorbilder sind oder es keine selbstlose Handlung ist, Milch zu kaufen, in der Sorge um die Explosionsgefahr der vereiterten Kuheuter.
Wozu also darauf eingehen? Vielleicht ist mir langweilig, vielleicht möchte ich mein negatives Weltbild auffrischen, oder einfach neue Antwortmethoden ausprobieren, in dem optimistischen Glauben, es gäbe eine, die plötzlich doch überzeugt und idealerweise veganisiert.

Ich empfehle diese Erwartung allerdings keineswegs, das kostet nur Energie und frustriert. Und ich kann entsprechend eigener Erfahrung berichten, dass das bloße Widerlegen einer Ausrede noch nie zum Veganismus motiviert hat. Man muss sich also nicht ablenken lassen, auch wenn es ein starkes Bedürfnis ist, die Unsinnigkeit einzelner Aussagen als solche aufzudecken und zu widerlegen.
Es ist selten Zielführend.

Ich bin aber auch niemand, der daran glaubt, dass der stille Veganismus des “Vorlebens” viel bewegt.

Das Ziel muss also sein, an den hunderten möglichen Ausreden direkt vorbeizukommen, ohne sich durch jede einzelne hindurch kämpfen zu müssen.
Es gibt liebe Menschen, die einem diese Arbeit ersparen und sich mit all den Fehlschlüssen befassen (Der Artgenosse). Aus der defensiven Rolle wird es Zeit, in die aktive zu gelangen. Lasst die Ausreden links liegen, gern unbeantwortet. Und fragt einfach “Warum isst du Fleisch?” solange, bis die ehrliche Antwort dabei ist. Fragt nach der Ethik, nach der die Menschen leben und wie sie mit Ungerechtigkeiten umgehen. Hört zu, versteht es, so lange, bis ihr heraushört, dass sie Tierrechte eigentlich auch richtig fänden (was in der Regel der Fall ist).
Und dann helft ihnen, ins kalte Wasser zu springen.
Und ganz wichtig: Es ist nicht zu erwarten, dass all das in einer fünfminütigen Unterhaltung passieren kann.