Es wäre so schön, wenn wir über unsere Tierausbeutung angemessen sprechen könnten. Wenn wir einfach sagen könnten, wie es ist. Und zwar höchst schrecklich.
Warum müssen wir uns alle selbst und gegenseitig belügen, verharmlosen und drum herumreden? Es nervt, mein Moralempfinden an die gesellschaftliche Norm anzupassen, um akzeptiert zu werden. Wir versuchen viel zu oft, nicht so militant zu erscheinen. Wir versuchen, jede kleine weniger schlimme Variante zu loben. Wir wollen als Menschen gesellschaftlich akzeptiert werden. Aber steht das wirklich über der akuten lebensbedrohlichen Situation eines Individuums? Ändert sich die Welt wirklich schneller, wenn ich Menschen besänftige mit “Ja stimmt, das muss man selbst entscheiden” oder “Weniger Fleisch ist auch gut”?
Die Menschen, denen ich begegne, fordern doch nur Aussagen von mir, die ihnen ein gutes Gefühl geben und sie darin bestärken, nichts zu verändern.
Muss ich dem denn nachkommen?
Ich muss nicht unkontrolliert meine Wut herauslassen. Aber scharfe Kritik muss auch scharf sein dürfen. Es gibt kein “Gut und Böse”, das ist eine Vereinfachung, die es uns erlaubt, Hollywood Geschichten zu erzählen. In der Realität haben wir verschiedene Perspektiven. Und in der Realität kann eine Person, die ich treffe, total sympathisch wirken und ein toller Mensch sein, während sie auf der anderen Seite zutiefst verwerflich agiert. Aber auch wenn die besten Freund*innen Dinge tun, die aus anderer Perspektive als zutiefst verwerflich wirken, so muss ich das stark kritisieren dürfen.
Ebenso will ich eine solche Kritik erfahren. Wenn wir uns nur gegenseitig erzählen, was wir hören wollen, dann werden wir uns nicht bessern. Wir sind nun einmal unfassbar bequeme Wesen. Ich verurteile keine Menschen, ich kritisiere Handlungen oder Positionen. Wann wird die gesellschaftliche Norm endlich verstehen, dass “Ich esse nur wenig Fleisch” in überhaupt keinem Verhältnis zum Einsperren und gewaltvollen Töten eines Wesens steht.
Ich will mich dieser Sicht nicht anpassen. Wenn mir jemand erzählt, wie er*sie einen Hund im Keller eingesperrt und gemästet hat, um ihm anschließend mit einem Hammer den Schädel zur Betäubung einzuschlagen und ihn dann kopfüber aufhängt, um ihn durch einen Schnitt durch die Kehle ausbluten zu lassen und mir versichert, sich an Bio-Richtlinien gehalten zu haben und das nur ganz selten zu tun, dann will ich angemessen reagieren können. Und zwar egal, ob es ein Hund oder ein Schwein ist. Das ist einfach etwas unfassbar schlimmes. Und diesen Schuh sollten wir uns anziehen.
Es ist doch traurig, wenn wir solche Handlungen damit zu legitimieren versuchen, dass wir großzügigerweise auf ein paar Quadratzentimeter mehr Platz achten wollen, oder dass es reicht, wenn wir bewusster töten würden.
Wir sollten verdammt nochmal einfach damit aufhören.
Kein “etwas weniger”, kein “mehr Platz”, kein “Ich esse nur Biofleisch, außer in der Mensa, in Restaurants, bei Freund*innen, der Bolognese Soße oder beim Aufschnitt zum Frühstück und über Produkte mit Milch und Ei denke ich nicht mal nach.”
Irgendwann wird es Zeit, die Kritik zu akzeptieren und die Augen für das enorme Leid zu öffnen. Irgendwann wird es unglaubwürdig, jene Menschen, die das Ausmaß dieses Massakers klarer kommunizieren, in die Täterrolle zu drängen und sie als “militant” zu kritisieren.
Hiermit befürworte ich keine irrationale oder destruktive aggressive Herangehensweise, ich möchte lediglich dem angemessenen Umgang mit der Thematik näher kommen. Es sind zwei Millionen Landwirbeltiere jeden Tag in Deutschland, die durch unsere Bequemlichkeit nach einem quälenden, kurzen Leben getötet werden.
Und alles, was uns einfällt, ist, sich über nervige Veganer*innen zu beschweren.
Das passt einfach nicht.