Vielleicht wäre die Pille für unendliches Leben doch keine so schlechte Idee.

Wir sind alle egoistisch.
Wenn sogar die meisten Menschen mehr Priorität auf das “Hier und Jetzt” legen, als auf die Zukunft, wie will man dann erwarten, dass Menschen sogar über ihr eigenes Leben hinaus sinnvoll handeln?

Die meisten zukunftsorientierten Handlungen haben einen Nachteil im “Hier und Jetzt”.
Wieso soll ich jetzt Geld für die Rente zurücklegen, wenn ich doch gar nicht weiß, wie meine Zukunft aussieht?
Sicher weiß ich nur, dass ich hier und jetzt lebe und mit dem Geld tolle Sachen machen könnte. Und dann erwarten wir, dass sich Menschen hinsetzen und Handlungen ausführen, die sie hier und jetzt einschränken, damit andere Menschen eine Zukunft haben? Vor allem sogar Menschen, die noch gar nicht existieren?

Die größte Priorität hat also immer mein “aktuelles Ich” im Hier und Jetzt.
An zweiter Stelle steht mein zukünftiges Ich.
Und dann kommt irgendwann das Umfeld, mit dessen Emotionen ich täglich konfrontiert bin.
Und weiter unten gibt es noch “die anderen”, die ich nicht kenne, aber die wohl auch irgendwo ein “Hier und Jetzt” leben.
Und an welcher Stelle der Prioritätenliste folgen diejenigen Subjekte, die noch nicht das Licht der Welt erblickten?

Bei mir als Prokrastinationsprofi ist mein zukünftiges Ich etwas niedriger auf der Liste. Eventuell sogar erst nach meinem Umfeld. Die Prioritäten variieren natürlich bei allen. Tatsache ist aber, dass es eine merkwürdige Erwartung ist, sich in seinem eigenen aktuellen Leben einzuschränken, nur weil es zukünftige Generationen geben könnte, die darauf angewiesen sind. Und selbst unsere hypothetischen Nachkommen sind nicht motivierend genug. Außer es ist das eigene Kind, das schon existiert. Dann sind wir bereit, einiges zu tun, um ihm ein angenehmes Leben zu ermöglichen.

Wenn Menschen schon daran scheitern, ihr Verhalten an die Bedürfnisse jener anzupassen, die ein paar hundert Kilometer entfernt leben und sich weiter über günstige Kleidung freuen, oder getötete Individuen essen, oder alles in Plastik einzuschweißen, weil es im “Hier und Jetzt” so angenehm ist, wie sollen wir dann von Führungsinstanzen erwarten, dass sie auf einmal einen Teil zum Schutz der Zukunft beitragen?

Man müsste unseren Luxus verbieten, für unsere Mitmenschen auf der anderen Seite der Erde, man müsste unseren Import und Export einschränken, um Ausbeutung zu vermeiden, man müsste konsequent aufhören, Krieg und Waffen als natürlich anzusehen. Man müsste unsere Tierindustrie verbieten, um Tierquälerei zu vermeiden und das Klima zu schonen und die Ressourcen nicht zu verschwenden. Man müsste den Regenwald generell unter Schutz stellen, um Lebensräume und Ökosystem der Erde zu respektieren und dafür gäbe es kein Palmöl mehr. Palmölprodukte wie Brotaufstriche und Kosmetik müssten entfallen, Fleisch, Eier, Milch und Käse stünden nicht mehr auf dem Speiseplan. Die Idee, dass “jeder Mensch” ein eigenes Auto besitzt, müsste unglaublich bescheuert wirken. Ja, vielleicht könnten wir dann auch nicht mehr beliebig lang duschen. Und dann haben wir halt nicht ständig ein neues Handy.

Wir müssen endlich aus dieser ambivalenten Einstellung kommen, zu jammern, dass alles doof ist und Dinge anders haben zu wollen, aber nicht bereit sein irgendetwas dafür zu verändern. Wir vernichten unsere Umwelt, unsere Mitmenschen, Tiere, die wir extra zur Ausbeutung und Vernichtung in die Existenz rufen und Tiere, die mit auf diesem Planeten leben. Und wir vernichten die Zukunft für alle.

Und jetzt? Jetzt treten wir die Verantwortung an Politiker*innen ab, die sich alibimäßig zusammensetzen, als wäre ihnen die unbekannte Zukunft, oder auch nur die Menschen der Nachbarländer so wichtig, dass sie bereit wären etwas dafür in Kauf zu nehmen. Viel schlimmer sind aber wir, die wir von ihnen Erwarten, dass sie mit Problemlösungen um die Ecke kommen, für die es nicht notwendig ist, etwas zu ändern. Dieses Phänomen macht die AfD so erfolgreich, während die Grünen beim vorschlagen eines Veggiedays ihr Todesurteil unterschreiben.

Wir wollen Aufklärung statt Regulierung, aber nur, damit wir nicht Handeln müssen. Und wenn wir aufgeklärt sind, ändern wir trotzdem nichts, wir sind immer noch der bequeme egoistische Mensch.

Wir müssen mit diesem Selbstbetrug aufhören!

Wir können nicht wollen, dass irgendetwas anders ist, ohne wirklich etwas zu ändern. Wer sich nicht ein bisschen rücksichtsvoller verhalten möchte, sollte einfach dazu stehen, dem Planeten, Menschen und Tieren enorm zu schaden.

Ändere etwas! Das Warten auf Veränderung verändert rein gar nichts.

[Text geschrieben am 29.09.2018]